A Liquid Star of Boiling Water

A Liquid Star Of Boiling Water

Jan Bonny und Alex Wissel, Jimmie Durham

Christoph Faulhaber, Adela Goldbard, Andrea Winkler

Kuratiert von Sabine Maria Schmidt

Eröffnung: 1. Juni 2017, 19 Uhr

Ausstellung: 2. Juni – 9. Juli 2017

Kunstraum Düsseldorf

 

Intro

Wie lässt sich schildern, was zwischen den Bildern passiert, wie das Unsichtbare hinter dem Sichtbaren erzählen? „Jedes Bild ist ein leeres Bild“ heißt ein Film von Christoph Faulhaber, der den Ausgangspunkt eines offenen Ausstellungparcours von künstlerisch formulierten Erfahrungsfeldern in und mit öffentlichen und medialen Räumen beginnt. Wie haben sich reale und virtuelle Reise- und Bewegungsformen in öffentlichen Räumen verändert, wie stark definieren und reflektieren mediale Räume Narrative von Freiheit, Kontrolle, Macht und Anarchie.

Mit Werken von Jimmie Durham (Berlin), Adela Goldbard (Mexiko D.C./Chicago), Christoph Faulhaber (Hamburg), Andrea Winkler (Berlin), Jan Bonny und Alex Wissel (Köln/Düsseldorf) sind Positionen aus unterschiedlichsten künstlerischen Kontexten eingeladen.
Provozierend, poetisch oder konfrontierend: Alle künstlerischen Arbeiten der Ausstellung verbinden Momente filmischer, fotografischer, szenischer und theatralischer Inszenierung. Doch geht es hier nicht mehr ums Spiel.

Es zischt, es brodelt und es kocht. Die Kunst ist frei wie nie, doch will oder kann sie es nicht länger sein? Welche Widersprüche und welches Potential liegen in der Verhandlung ihrer Autonomie? Damit stellt sich die Ausstellung auch der Frage, inwieweit das Verhältnis von Ästhetik und Ethik neu justiert wird, wenn die Kunst sich ihrer gegenwärtigen gesellschaftlichen Verortung und Einbindung, der gravierenden Veränderung von Handlungsfeldern und Bildkulturen stellt. Die Kunst muss wieder neu bestimmen, was sie soll und was sie sein kann.

Sabine Maria Schmidt

 

Kurzinformationen zu den einzelnen künstlerischen Beiträgen

„Es geht um die Kunst. Es geht um Ideale.“ Mit ihren filmischen Skizzen für ihren mehrteiligen „Rheingold“-Zyklus gehen Jan Bonny und Alex Wissel neben großen und kleinen Geschichten des rheinischen Kunstbetriebes der noch größeren Geschichte des Neoliberalismus nach. Ihre als mehrteilige Gesellschaftssatire angelegte (Fernseh-)Serie fragt, was aus den Idealen der Kunst und der Sozialpolitik geworden ist, den Hoffnungen der 1968ern und einer autonomen Künstlergeneration, die nicht mehr frei sein will. Für und im Kontext ihres Filmprojektes entstehen zahlreiche künstlerische Kooperationen, Vorträge, Texte und künstlerische Arbeiten. In der Ausstellung werden neue Zeichnungen und aktuelle filmische Arbeitsskizzen vorgestellt.

Jan Bonny und Alex Wissel: Rheingold (Filmstill), copyright: Bonny/Wissel

 

 

 

 

Mit ungewöhnlichen Aktionen tastet der in Hamburg ansässige Künstler, Performer, Filmemacher und Autor Christoph Faulhaber den Handlungsspielraum des Individuums vor sich ständig verändernden Machtstrukturen in öffentlichen und medialen Räumen ab. Christoph Faulhabers autobiographisch angelegter Film „Jedes Bild ist ein leeres Bild“ (2014) verknüpft die Aktionen des Künstlers aus fünfzehn Jahren in einer Mischung aus Dokumentation, Reisebericht, Fiktion- und Experimentalfilm. Als Alter Ego des Künstlers, das immer wieder das Geschehen reflektiert und kommentiert, nutzt er dafür den vom Spiele-Hersteller entwickelten Avatar Niko Bellic aus dem Videospiel „Grand Theft Auto“.

Christoph Faulhaber: Jedes Bild ist ein leeres Bild, 2014, Filmstill, copyright: the artist

 

Im August 2015 inszenierte Christoph Faulhaber das Erfolgsmusical „Phantom der Oper“ als Freiluft-Aufführung neu und zwar genau vor dem Gebäude, das einst wegen dieses Musicals besetzt worden war, die „Rote Flora“ in Hamburg. Der zweite Film des Künstlers reflektiert und rekonstruiert in einer Montage aus eigenen Aufnahmen, Interviews und Medienberichten den langen Weg zur Durchführung dieses Großprojektes und kommt dabei neuen Phantomen auf der Spur, wie dem der „postsouveränen Macht“.

Christoph Faulhaber: Phantom of Punk, Fassadenverkleidung vor der Roten Flora, Hamburg

Jimmie Durham begann 1963 als Bildhauer zu arbeiten und war gleichzeitig seit den frühen 1960er Jahren in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung politisch aktiv. 1987 verließ er die USA, ließ sich zuerst in Mexiko und 1994 schließlich in Europa nieder. In einer Vielzahl seiner Werke beschäftigt sich Durham insbesondere mit der Geschichte Europas sowie deren Einfluss auf die Welt, so 2012 in seinem Beitrag The History of Europe für die dOCUMENTA (13). In seinem Künstlerbuch In Europe versammelte Durham Porträt-Fotografien von sich an verschiedenen Orten und in Situationen, die den Schriftzug „Europe“ zeigen. Die Fotografien heben die Alltäglichkeit des Eurobegriffs und seiner Verwendung in verschiedenen textuellen und kontextuellen Ausprägungen hervor.

Jimmie Durham In Europa, Foto: Maria Thereza Alves

 

Andrea Winklers szenisch-fiktionale Arrangements aus Absperrungssystemen, Abfallspuren und hybriden Taschen-Skulpturen vermitteln auf den ersten Blick etwas noch Unabgeschlossenes oder Abgebrochenes. Sie rücken ihr eigenes Hergestelltsein in Szene und entwickeln Bezugspunkte zu abstrahierten, ästhetischen Systemen. Zugleich verweisen die situativen Anordnungen immer auf etwas mediatisiertes Anderes, sind Wiederaufführungen von Bildern, Ereignissen und Erinnerungen. Das imaginierte Kommen und Gehen in ihren begehbaren dreidimensionalen Collagen rückt Vorstellungen von Ordnung und Sicherheit einer instabil gewordenen Alltagswelt ins Bild. Was hier wie beiläufig aufeinandertrifft, entfaltet dabei ein materiell prägnantes und spekulatives Eigenleben.

 

Andrea Winkler: BAGS #08, 2016, Andrea Winkler: Bags #08, 2016, Handtasche, Strandmuschel, Thermobox, courtesy: the artist

 

Die sorgfältige Konstruktion und Zerstörung temporärer Skulpturen in öffentlichen und filmischen Performances ist Ausgangspunkt der Serie „Para-Allegories“ (2013-2105) von der aus Mexiko stammenden Künstlerin Adela Goldbard. Mit pyrotechnischer Raffinesse gehen die Surrogate medialer Bilder förmlich in die Luft. Jedes der aus Karton rekonstruierten Abbilder lebensgroßer Fahrzeuge, Geldautomaten, oder Fassaden von Tankstellen und Geschäften ist in Mexiko unweigerlich mit spezifischer Symbolik und allgegenwärtiger Gewalthaftigkeit aufgeladen. Goldbards filmische Re-Enactments als metaphorischer Protest zielen zugleich auf die Korrumpierbarkeit von Bildern, deren Herkunft und Instrumentalisierung (durch Regierung, Drogenkartelle oder Medienvertreter) kaum mehr zu fixieren ist.

Adela Goldbard: PEMEX, 2015, Video (Still), copyright: the artist

 

Sonderveranstaltung zur Ausstellung!
Donnerstag, 6. Juli 2017, 20 Uhr

Labor für Kritik und Weitsicht: „Wunschpublikum für hypothetische Diskussionen“
Ein Streitgespräch in der Ausstellung moderiert von Sabine Maria Schmidt

Veranstaltungsadresse:
Kunstraum Düsseldorf
Himmelgeister Str. 107 E , 40225 Düsseldorf
Telefon 0211 33 02 37 oder 0211 899 61 48

Öffnungszeiten: Donnerstag und Freitag 15 – 20 Uhr /Samstag und Sonntag14 – 18 Uhr